Sprühwerk-Künstler Ole Görgens gestaltet Endhaltestelle der Linie 5 im Stadtfeld
Lose Mauersteine. Dahinter geht der Blick in die Weite: eine Wiesenlandschaft, Bäume, blauer Himmel. Neugierig schaut eine Kuh auf die vorbeieilenden Passanten.
Wieder hält ein Bus an der Endhaltestelle der Linie 5 im Stadtfeld. Bisher wurden die An- und Abfahrenden an dieser Station von einem kahlen Wartehäuschen begrüßt. Graffiti und Kritzeleien zierten die grauen Betonwände. Nun stolpern die Aussteigenden mitten hinein in eine helle, bunte Landschaft. Der Spray-Art-Künstler Ole Görgens hat sich des trostlosen Wartepunktes angenommen. Im Verlaufe von nur vier Vormittagen hat der frisch diplomierte Grafik-Designer hier an der Triftäckerstraße einen Ort zum Verweilen geschaffen. Graue Wände sind die Leinwand für den Dreißigjährigen, statt zum Pinsel greift er zur Spraydose. Als Schüler hat Görgens 1993 begonnen seine ersten Graffitis zu malen. Das Hobby ist zur Profession geworden: bereits vor drei Jahren hat er sich mit „Sprühwerk“ selbständig gemacht. Nun geht der Hildesheimer Sprayer auftragsmäßig gegen graue Fassaden und hässliche Garagentore vor.
In diesem Fall kam der Auftrag von „Arbeit und Dritte Welt“. Für Thomas Brien, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereines im Stadtfeld, war der Betonklotz schon lange ein Dorn im Auge. „Ich wollte einfach nicht mehr, dass meine Mitarbeiter noch länger an dieser schäbigen Bushaltestelle warten müssen!“ erklärt Brien seine Ambitionen. So kam die Sache ins Rollen. Motivisch waren sich Auftragsgeber und Künstler schnell einig. „Für Jung und Alt sollte es etwas sein“, erzählt Görgens. „Ein Bild, das Schönheit und Weite vermittelt.“ Eine offene Landschaft passt gut zu einer Bushaltestelle mit den Assoziationen von Aufbruch, Reise, Fernweh. Mit diesen Anhaltspunkten ging Görgens in die Planung. Auf dem Skizzenblock entstanden die ersten Bleistiftzeichnungen und Ideen. Die neugierige Kuh schlich sich schon hier ins Bild ein.
„Doch die meisten guten Ideen entwickeln sich beim Malen selbst“, so Görgens. Das Werk nimmt Bezüge zur Umgebung auf. Ein Regenrohr an der Seitenwand des Wartehäuschens wird etwa zum Pfahl für das Hinweisschild „Stadtfeld“. Unter den zischenden Spraydosen des Künstlers verwandelt sich die Metalltür zur Busfahrer-Toilette zur hölzernen und romantischen Plumpsklo-Tür. Der Wegweiser am Straßenrand im Gemälde verweist plötzlich auf Orte in der realen Stadtfeld-Nachbarschaft: da geht es zum „Döner“, dort zum „Spielplatz“ und da zu „ADW“ (Arbeit und Dritte Welt).
Auch an diesem Vormittag sind viele Passanten stehen geblieben. „Die meisten reagieren sehr positiv“, berichtet der Sprühwerker. Aber leider auch skeptisch: „Mal schauen, wie lange das hält!“ Diesen Satz haben Görgens und ADW-Helferin Tanja Körber in den letzten Tagen oft gehört. Die beiden sind jedoch zuversichtlich, dass der neue Ausblick sich durchsetzen wird. Zumindest bei den Jugendlichen rechnet der Graffiti-Profi fest mit „Respekt“.
Nural und Hevin schauen skeptisch zu, wie die Sprayer letzte Hand an die bunte Kuh legen. Sie können sich mit der Landluft-Idylle noch nicht so recht identifizieren. Ein Breakdancer wäre ihnen lieber gewesen. „Das sieht aus, wie bei ‚Bauer sucht Frau‘!“ findet Hevin. Doch irgendwie ist die Kuh auch ganz lustig. Gefragt, wie sie das Tier taufen würden, sagt Nural spontan: „Ingrid“. Ein hinzu getretener Junge schüttelt den Kopf: „Martha ist besser!“ findet er. Die kleine Ayse schlägt „Paula“ vor.
Dann schlagen auch schon die Türen hinter den Taufpaten zu. Der Bus fährt ab. Stadtfeld-Linie 5, Endstation Sehnsucht.
Jens-Hendrick Grumbrecht
November 2010
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